Hobby Orientierungslauf: Wertvolle Tipps für die Vorbereitung
Orientierungslauf (in der Szene oft OL abgekürzt) verhält sich zum Laufsport in etwa so, wie es Schachboxen zum normalen Boxen tut: Die Verbindung grosser körperlicher Anstrengung mit geistigen Herausforderungen. Just deshalb findet die einst vor allem in Skandinavien hochbeliebte Kombination aus Geländelauf, freier Routenwahl und der Notwendigkeit zur präzisen Orientierung mit Karte und Kompass immer mehr Anhänger weltweit.
Aufgrund der besonderen Natur dieses Sports ist es jedoch selbst für routinierte Geländeläufer nötig, sich tief in die Materie einzuarbeiten, bevor sie auf Erfolge hoffen können. Du interessierst dich für OL? Dann findest du auf den folgenden Zeilen eine Menge wichtiger Tipps, um erfolgreich zu werden – jenseits der reinen körperlichen Ausdauer.
1. Besorge dir unbedingt einen OL-tauglichen Kompass
Orientierungslauf lebt davon, dir selbst einen optimalen Kurs durch schwerstes Gelände zu suchen – feste Routen gibt es nicht. Da es zudem oftmals keine Geländepunkte gibt, anhand derer du dich per Kartenvergleich orientieren könntest (oder viel zu viele auf engstem Raum), ist der Kompass vielfach das Einzige, was zwischen einem schnellen Erreichen des nächsten Kontrollpunkts und völliger Orientierungslosigkeit steht; gerade im Dickicht laufen selbst Routiniers oft versehentlich und unbemerkt im Kreis.
Nun gibt es zwar sehr viele Kompasse von zahlreichen Herstellern. Beim OL musst du dich jedoch bedingungslos auf dieses Werkzeug unter den erschwerten Bedingungen dieses Sports verlassen können:
- Die Nadel muss sich möglichst rasch nach (magnetisch) Nord ausrichten.
- Trotz der Laufbewegungen darf sie keinesfalls in der Kompassdose tanzen.
- Es sollte möglichst nicht viele Zusatzfunktionen und Symboliken auf dem Kompass geben, die allesamt ein rasches, korrektes Ablesen erschweren.
Damit ist ein grosser Teil sämtlicher Marsch-, Linsen-, Spiegel- und herkömmlicher Plattenkompasse – so gut sie sein mögen – für OL-Sport gänzlich ungeeignet.
Ein guter Rat: Nimm deshalb die maximal 100 bis 150 Franken in die Hand, um dir einen hochwertigen speziellen OL-Kompass zu kaufen. Unter anderem die Hersteller Silva und Suunto haben spezielle Orientierungslaufmodelle im Repertoire und einen guten Ruf in der Szene – die schweizerische Traditionsmarke Recta existiert übrigens nicht mehr. Sie wurde vor einigen Jahren von Suunto übernommen.
Tipp 1: Auch, wenn es etwas unübersichtlicher ist, wähle besser ein Modell mit Gradeinteilung; manche OL-Kompasse verzichten für allerhöchste Klarheit darauf. Die Einteilung macht das Gerät vielfältiger nutzbar, so kannst du etwa nach einer festen Marschzahl laufen.
Tipp 2: Probiere aus, ob dir ein OL-Platten- oder -Daumenkompass besser liegt. Das ist äusserst subjektiv.
2. Sei beim Kartendruck sehr bedacht
Normale Wanderkarten haben die Massstäbe 1:50.000 und 1:25.000. Für OL ist das allerdings viel zu ungenau. Offizielle Laufkarten kommen deshalb in 1:10.000, 1:15.000 oder sogar in grössten Massstäben bis 1:4.000.
Hier das Problem: Bei Wettkämpfen wird man dir passende Karten aushändigen. Beim Training allerdings bist du auf dich selbst angewiesen. Zwar haben sowohl der schweizerische als auch der deutsche Verband sehr umfassende Kartenverzeichnisse. Die Herausforderung ist jedoch praktischer Natur:
Wenn du solche Karten herunterlädst oder sie selbst erstellst, passiert es ganz schnell, dass der ausgedruckte Massstab nicht mehr passt. Statt 1:10.000 ist die Karte dann vielleicht 1:11.385 – wodurch die abzulesenden Distanzen nicht mehr passen.
Kritisch ist hierbei die Neigung vieler herkömmlicher Schreib- und Bildprogramme, eine einmal eingestellte Formatierung nicht richtig zu übertragen; das zeigt sich dann spätestens beim Ausdrucken. Du solltest deshalb unbedingt solche Karten nur als PDF erstellen und ausdrucken – das lässt sich ganz einfach bewerkstelligen. Nur in diesem Dateiformat bleiben die eingestellten Abmessungen immer gleich, ganz egal, mit welchem Reader du das PDF auf welchem Gerät öffnest.
3. Trainiere ausschliesslich mit OL-Karten
Orientierungslauf nutzt sogenannte topographische Karten. Also solche, bei denen die Geländemerkmale, Höhenprofile und Ähnliches sichtbar sind. Nur damit lässt es sich vernünftig navigieren. Das Problem daran: OL-Karten nutzen teils völlig andere Farbprofile als herkömmliche topographische Karten.
Auf regulären Topo-Karten ist Wald beispielsweise generell grün. Bei OL-Karten muss hingegen zwischen normalem (= laufbarem) Wald und unüberwindbarem Dickicht unterschieden werden. Ersterer ist deshalb weiss eingefärbt und nur letzterer grün.
In der Praxis zählt beim Lauf jede Sekunde. Daher solltest du nur mit Orientierungslauf-Karten üben, damit sich diese Farbschemata sowie die genutzten Massstäbe in deinem Gedächtnis einprägen.
4. Übe das Orientieren, bis du es blind beherrschst
Hast du Wehrdienst geleistet? Dann wirst du natürlich das Navigieren mit Karte und Kompass beigebracht bekommen haben: Anhalten, Karte sorgfältig einnorden, Orientierungsblick, Vergleich der Kartenmerkmale, et cetera.
Als Verständnisgrundlage ist das alles absolut brauchbar. Bloss geht es beim Orientierungslauf viel, viel schneller zu. Oftmals halten die Läufer nicht einmal an, sondern drosseln nur etwas das Tempo, um mit Karte und Kompass zu arbeiten.
Ganz ähnlich, wie der eingangs erwähnte Schachboxer zunächst nur Schachspielen trainieren wird, bevor er beides gleichzeitig tut, solltest du wirklich viel Zeit dafür aufwenden, um zu einem erstklassigen Navigator mit Karte und Kompass zu werden.
Das heisst, nutze am besten jeden Tag die Gelegenheit, auf der Karte Standorte zu bestimmen und dir basierend darauf einen Weg zu suchen – selbst, wenn du die Umgebung eigentlich blind kennst. Zudem solltest du dich darin schulen, die Kartenarbeit ohne vorheriges Einnorden zu meistern; beim Laufen bleibt dafür manchmal schlicht nicht die Zeit, dafür hast du aber deinen Kompass.
5. Präge dir die Symboliken der Postenbeschreibungen ein
Orientierungslauf ist – ungleich zu sehr vielen anderen Laufsportarten – keine Disziplin, bei der nur Start- und Zielpunkt existieren. Vielmehr ist es nötig, sich dazwischen einen Weg über eine festgelegte Reihenfolge sogenannter Kontrollposten zu bahnen – du läufst also eher in Etappen.
Doch wie findest du solche Posten in wegelosem Gelände? Und wie erkennst du, ob derjenige, zu dem du dich vorgearbeitet hast, tatsächlich die nächste Station darstellt und nicht etwa die übernächste?
Dazu bekommst du eine sogenannte Postenbeschreibung. Ein international einheitlich aufgebautes und mit ebenso einheitlichen Symbolen versehenes Papierstück. Das wirkt auf Anfänger erst einmal komplett verwirrend. Es erschliesst sich erst, wenn du häufig damit arbeitest; ganz ähnlich, wie es bei den Landkarten der Fall ist.
Erneut kannst du hier selbst täglich üben, indem du dir selbst Postenbeschreibungen von nahezu willkürlichen Orten erstellst. Es geht primär darum, die Symbole zu erlernen, bis du sie selbst mit höchster Pulsfrequenz und tropfender Stirn noch richtig ansprechen kannst. Besonders hilfreich dabei sind andere, wenn ihr euch gegenseitig Postenbeschreibungen erstellt.